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   ALUMNI REVUE - DEZEMBER 1997
       

    
    
 

Heidelberger Splitter


Leinwand frei für starke Filme

46. Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg:

Sprungbrett für junge Filmemacher aus aller Welt

"Für den Blinden Passagier haben wir leider keine Karten mehr bekommen, aber für den Shoemaker schon. Da verliebt sich ein kindgebliebener Schuster in die einsame, aber starke Anna, und gerät in Konflikt zu seinem Freund, mit dem er den Laden betreibt. Einfühlsam gemacht!" Den Film fanden nicht nur die beiden Schwestern Astrid und Beate Grabert, die eine Jurastudentin, die andere Volkswirtin, am besten. Die Höhen und Tiefen der Männerfreundschaft, eingerahmt zwischen Frauenschuhen und Männerhaushalt, gefiel den meisten Zuschauern. Der Film der kanadischen Regisseurin Colleen Murphy gewann den Publikumspreis des 46. Internationales Filmfestivals Mannheim-Heidelberg.

Zum vierten Mal in Folge haben nicht nur Mannheimer, sondern auch die Heidelberger Gelegenheit gehabt, die Festivalfilme vor der eigenen Haustür zu besuchen und mitabzustimmen. Seit 1994 nämlich ist das ursprünglich reine Mannheimer Filmereignis auch in Heidelberg zu Hause. Das Spektakel zählt zu den bedeutenden Festivals, die sich auf Newcomer spezialisiert haben, und ist in einer Reihe mit San Sebastian, Havanna, London, Stockholm und dem Sundance Festival in Utah zu sehen. Heidelberg sei stolz darauf, so Oberbürgermeisterin Beate Weber bei der Eröffnung, "als Mitträgerin dieses weltbekannten cineastischen Ereignisses auch in der Welt des Films eine kleine Rolle zu spielen - eine Rolle jenseits des Mainstream".

Genau darum geht es, und genau das macht auch das Motto des Festivals deutlich: "Stark und echt - Entdeckungen jenseits des Mainstream." Denn Festivaldirektor Dr. Michael Kötz will kein Kinoerlebnis, nach dem man sich von den Sesseln erhebt und von ihnen das gleiche behauptet wie von dem Film, den man gerade gesehen hat - "sehr bequem gewesen, .mal wieder"! Kötz beklagt den Zeitgeist, der nach allem Hübschen und Netten giert, um es gleich wieder zu vergessen, und kritisiert die Filmindustrie, die nur nach Umsätzen und Showeffekten schielt. Neun Tage Kino in Heidelberg und Mannheim boten ganz andere, mal überraschende, würzige, mal fremde, schwer verdauliche Kost. Hundert Filme aus 37 Ländern gewährten Einblick in unterschiedliche Kulturen, wie sie die noch unbekannten Filmregisseure einem internationalen Publikum vorstellen möchten. "Im Grunde sind es Filme, die beweisen, daß das Kino nicht weniger anspruchsvoll sein kann wie etwa ein Roman, den wir der Literatur zurechnen", so Michael Kötz. Zwölf Weltpremieren und 29 internationale Premieren machten die Filmwelt aus dem In- und Ausland neugierig -knapp 50000 Besucher in neun Tagen konnte das Spektakel verbuchen.

Das Festival gilt für die jungen Filmemacher als Startmöglichkeit in eine Karriere - nicht nur, weil sie hier vor den Augen kritischer Zuschauer und argwöhnischer Fachpresse ihr Werk präsentieren, sondern auch weil an die Vermarktung gedacht wird. Der "Market-Service" bringt die präsentierten Filmemacher mit den Filmeinkäufern vom Fernsehen und den Filmverleihern zusammen, und in dem in Deutschland einzigartigen "Projekt-Markt" beratschlagen sich Filmproduzenten. Dazu hatte man extra potentiell finanzkräftige Produzenten aus Westeuropa eingeladen. Rund dreißig Filmvorhaben konnten während des Festivals zu Koproduktionen gebracht werden. Die Projekte werden in Osteuropa, Lateinamerika und in Nordamerika realisiert.

Also wurden überall Brücken geschlagen zwischen den verschiedenen Welten der Kunst und des Kommerz. Für die Zuschauer hieß dies konkret, daß sie neben den zwanzig Wettbewerbsfilmen noch fünf Dokumentar- und 17 Kurzfilme sehen konnten. Dazu kamen in der Reihe "International Discoveries" drei Werke aus Iran, vier aus Japan, fünf aus Nord- und vier aus Osteuropa sowie sieben aus den USA. Special Screenings, Road Movies, Programme der Filmschulen von Kassel und Jerusalem, Kinderfilme, Filme aus den 50er Jahren und neue türkische Filme waren für das Neun-Tage-Spektakel ein überaus üppiges Angebot, das die Entscheidung, welches Ticket zu lösen sei, stets schwer machte.

Wählen mußte auch die fünfköpfige internationale Jury, die sich schließlich auf je einen Film in den Kategorien Spielfilm, Dokumentarfilm und Kurzfilm einigen konnte. "De Verstekeling - Blinder Passagier" aus den Niederlanden bekam den Preis für den besten Spielfilm, aus der Schweiz stammt mit "Ghetto" der beste Dokumentarfilm, und der beste Kurzfilm kommt aus den USA: "Sea Space". Einige Filme werden bald in den deutschen Kinos zu sehen sein, denn eine Kino-Jury der AG Kino empfahl sie für den Kinoeinsatz.

Das wird die Heidelberger freuen, die den einen oder anderen Film aus Zeitmangel verpaßten oder keine Karten mehr bekamen wie die beiden Studentinnen Beate und Astrid. Den "Blinden Passagier", der von der Jury ausgezeichnet wurde "für seine überzeugende Vision, narrative Genauigkeit, Strukturelle Logik und tiefe menschliche Wärme", können die zwei dann im "normalen" Kino anschauen. Bis sich die Leinwand wieder für neue, "starke" Filme öffnet - beim nächsten internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg im Oktober 1998.

Sonja Striegl

 


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Heidelberg, den 14. Juli 2003