Heidelberger Splitter
Neu belebt
Die Heidelberger Schloss-Festspiele
Vor genau 75 Jahren begann die wechselvolle Geschichte des "kulturellen Aushängeschildes ersten Ranges für Heidelberg und für die Region", so Gerhard Stratthaus, Finanzminister und oberster Schlossherr in Baden-Württemberg, zugleich Schirmherr der Heidelberger Schlossfestspiele anlässlich der Eröffnung. Dieses Jahr wurden die Aufführungen, die vom 6. Juli bis zum 2. September stattfanden, neu belebt: das ganze Ensemble erschien in einem veränderten Gewand.
Am Anfang der langen Festspiel-Tradition stand der "Sommernachtstraum", nach 1976 prägte der "Student Prince" das Bild vom romantischen Heidelberg. Vor dem Hintergrund einer idealen Kulisse, dem Heidelberger Schloss, das wohl zu Recht als eines der schönsten und romantischsten Bauwerke Europas gilt, entwickelte jetzt Günther Beelitz, Intendant des Theaters der Stadt Heidelberg und Festspielleiter einen neuen Ansatz zur Gestaltung dieses kulturellen Ereignisses: "Mit unserer Neukonzeption der Schlossfestspiele wollen wir weg von dem kommerzialisierten, oberflächlichen Land-auf-Land-ab-Freilufttheater, um wieder zurückzukehren zu einer wichtigen Voraussetzung von Freilicht-Aufführungen: der Einheit und dem Zusammenwirken zwischen jahrhundertealter Architektur, gestalteter Natur und stimmigen Theateraufführungen, die inhaltlich der zusammenwirkenden Dramaturgie des Ortes und der hierfür ausgewählten Stücke folgen". In den erweiterten Festspielen wurden deshalb, wechselnd an den verschiedenen Orten des gesamten Schlossareals, alle theatralischen Ausdrucksformen der Heidelberger Städtischen Bühne, nämlich Oper, Schauspiel und Tanz in eigenen Inszenierungen umgesetzt; Konzerte und Matineen des Philarmonischen Orchesters Heidelberg bereicherten das Angebot zusätzlich.
Zum Auftakt erklang in der Kunstruine der Bäder- und Musikautomatengrotte der oberen Terrasse im Schlossgarten Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Idomeneo". Die große Choroper bezeichnet Mozart selbst als sein liebstes Bühnenstück. Im englischen Bau mit der schönen Renaissanceterrasse wurde "Jedermann" als Tanztheater in einer Choreographie von Irina Paul aufgeführt. Das mittelalterliche Mysterienspiel wurde mit Mitteln des Tanzes, des Gesangs und des Schauspiels inszeniert.
Überraschend war die Neu-Inszenierung des Heidelberg-Klassikers "The Student Prince" nach über 25 Jahren durch Ingo Waszerka. Keine andere literarische Vorlage kennzeichnet das Bild vom romantischen "Alt-Heidelberg" so stark wie Wilhelm Meyer-Försters gleichnamiges Theaterstück. 1924 wurde es von Sigmund Romberg als "Light Opera" unter dem Titel "The Student Prince in Heidelberg" vertont und galt in den zwanziger Jahren als erfolgreichstes Stück am Broadway. Heute herrscht weit und breit Einigkeit darüber, dass es für Rombergs melodien-süsses und melancholisch-bitteres Werk keinen geeigneteren Spielort als das Heidelberger Schloss gibt. Neu an der diesjährigen Aufführung ist zudem der Wechsel des Spielortes: der Bühnebereich liegt jetzt im Karree vor dem Bibliotheksbau mit seinem markanten gotischen Erker.
Für die Inszenierungen konnte der Festspielintendant namhafte Dramaturgen, Dirigenten, Bühnen- und Kostümbildner engagieren, darunter den japanischen Kostümbildner Yoschi' o Yabara, der schon während seiner Studienzeit in Deutschland für Volker Schlöndorffs Film "Die Blechtrommel" und später auch für Stücke von Doris Dörrie und Robert Wilson Kostüme entwarf. Originell sein Einfall für die Rüstung des Männerchors in "Idomeneo": die Kostüme bestanden aus hölzernen japanischen Tee-Untersetzern.
Die drei neuinszenierten Produktionen sind als Wiederaufnahmen für die Spielzeit im Sommer 2002 geplant. Mit Spannung erwartet werden darf dann auch noch ein weiteres Schauspiel auf der Bühne des Heidelberger Schlosses: "Der Name der Rose" nach dem Roman von Umberto Eco, mit dem die Schlossfestsiele am 6. Juli 2002 in die neue Saison gehen.
Carmen S. Freihaut
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