Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Alma Mater

Prof. Dr. Bernhard Eitel, zukünftiger Rektor der Ruperto Carola

"Ich sehe mich als Brückenbauer"

 

Die Universität Heidelberg erhält einen neuen Rektor. Professor Dr. Bernhard Eitel übernimmt am 1. Oktober die Spitze des Rektorats der Ruprecht-Karls-Universität und führt damit die Arbeit seines Vorgängers, Rektor Peter Hommelhoff, weiter. Bei der Aufgabe, die Universität Heidelberg als herausragende Bildungsinstitution nach außen zu präsentieren und auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten, kann Professor Eitel auf seine vielfältigen Erfahrungen in der Gremien- und Kommissionsarbeit zurückgreifen. Dabei hat er schon wiederholt politisches Gespür sowie eine Begabung als Vermittler bewiesen. Der ausgewiesene Naturwissenschaftler mit großem Interesse an Geistes- und Sozialwissenschaften ist nicht nur in Wissenschaftskreisen eine geachtete Persönlichkeit. Bernhard Eitel, geboren 1959, studierte Geographie und Germanistik an der Universität Karlsruhe, promovierte und habilitierte sich im Fach Physische Geographie an der Universität Stuttgart. 1995 folgte er seinem ersten Ruf an die Universität Passau, 2001 nahm er den Ruf auf den Lehrstuhl für Physische Geographie an der Ruperto Carola an. Wir sprachen mit dem zweifachen Familienvater im Mai, kurz nach der Ankündigung seines Amtsantritts durch Universitätsrat, Senat und Rektorat.

 

Herr Eitel, in einem Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung kurz nach Ihrer Wahl sagten Sie, dass Sie sich gerade wie ein zehnjähriger Junge fühlen, der am Beckenrand steht und dem alle zurufen "Spring!". Befinden Sie sich jetzt bereits in der Sprungphase oder sind Sie gar schon ins Wasser eingetaucht?

Eitel: (lacht) Jaja, ich bin kurz vorm Aufschlag.

 

Anders gefragt: Was machen die Vorbereitungen auf Ihr neues Amt?

Eitel: Im Moment bin ich dabei, am Geographischen Institut die wesentlichen Dinge so zu organisieren, dass die Arbeit hier weitergehen kann. Durch die Wahl zum Rektor bin ich ja mitten aus dem Geschäft herausgerissen worden. Es geht nun darum, so viele Drittmittel hereinzubringen, dass der Lehrstuhl die nächsten drei bis vier Jahre quasi autark laufen kann, denn die Erstmittel reichen beim reinen Betrieb nur etwa drei Monate. Das soll auch die Einarbeitungszeit meines Vertreters hier erleichtern. Das Verfahren zur Besetzung dieser Stelle läuft gerade, zum Oktober soll mein Vertreter seine Arbeit aufnehmen können, damit auch im Bereich der Lehre keine Lücke entsteht.

 

Und Dinge, die das Rektorat betreffen?

Eitel: Im Augenblick besteht schon die Hälfte der Zeit aus Terminabsprachen und der Vorbereitung zu unserem Engagement bei der Exzellenzinitiative - die Abstimmung beispielsweise, wie man sich präsentiert. All das nimmt schon jetzt viel Zeit in Anspruch. Die Zusammensetzung des neuen Rektorats ist mit Ausnahme des Prorektors für Medizin geklärt, hinzu kommt eine ganze Reihe von perspektivischen Arbeiten im Hintergrund.

 

Ihre Vorgänger seit 1987 das waren ein Jurist, dann ein Wirtschaftswissenschaftler, dann wieder ein Jurist. Jetzt kommt mit Ihnen ein Geograph, der auch Germanistik studiert hat, ins Amt. Wird das den Stil Ihrer Amtszeit prägen?

Eitel: Also, zunächst einmal bin ich Naturwissenschaftler. Und in einem früheren Leben habe ich mich auch für die Mediävistik, vor allem für die mittelalterliche Literatur stark interessiert. Tatsächlich ist aber die Verbindung zwischen Natur- und Gesellschaftswissenschaften, die in meinem Spezialbereich der Physiogeographie so wichtig ist, eine fundamentale Prägung, die möglicherweise auch meinen Stil, wenn Sie so wollen, beeinflusst. Ich sehe mich als Brückenbauer, zumal ich eben auch zu den Kern-Geisteswissenschaften durch meine früheren Interessen eine gewisse Affinität habe. Das Bekenntnis zur Volluniversität Heidelberg im Zukunftskonzept der Exzellenzinitiative liegt mir daher schon aufgrund meiner fachspezifischen Sozialisierung als Geograph sehr nahe. Der Blick fürs Ganze ist für mich nicht neu. Ich hoffe, während meiner Amtszeit Ideen zu entwickeln, wie man das in Zukunft noch besser umsetzen kann, ohne die fachspezifischen Kompetenzen zu schmälern oder gar einzelne Bereiche abzubauen. Chirurgische Eingriffe im Zuge notwendig gewordener Umverteilungsmaßnahmen müssen reiflich überlegt sein. Amputationen sollen wenn möglich vermieden werden. Generell halte ich es für ganz wichtig, das "Bridging the Neckar River" voranzutreiben, also die verbesserte Kommunikation zwischen den Naturwissenschaften, den Medizinern, den Geisteswissenschaften und den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Das kann man allerdings nicht befehlen. Das funktioniert nur dann, wenn die gewünschte Zusammenarbeit so attraktiv ist, dass sie ein Selbstläufer wird.

 

Mit dem "Strategiepapier" hat Rektor Peter Hommelhoff seinerzeit eine Art Regierungsprogramm vorgestellt. Planen Sie ebenfalls, etwas ähnliches, also ausformulierte Zielsetzungen, an die Öffentlichkeit zu tragen und damit eine Orientierungshilfe zu geben?

Eitel: Mit Sicherheit werde ich im Herbst einige Ideen oder Entwürfe vorstellen - und die sollen auch möglichst konkret ausfallen. Ob man die dann später in eine Art "Strategiepapier 2" fasst, das will ich jetzt noch offen lassen. Prinzipiell vorstellen kann ich mir das aber schon. Die Frage ist einfach, welcher Weg sinnvoll ist. Und da hängt natürlich im Augenblick viel von der Bewertung der Heidelberger Anträge zur Exzellenzinitiative ab: Wie viele haben Erfolg, was wird wie implementiert? Im Oktober wird die Entscheidung fallen. Das Ergebnis - egal wie es ausfällt - wird erheblichen Einfluss auf die Arbeit während meiner Amtszeit haben. Dennoch werden darüber hinaus natürlich noch tausend andere Dinge auf mich zukommen.

 

Welche Rolle spielt für Sie als designierten Rektor die Verbindung zu den internationalen Alumni der Universität Heidelberg?

Eitel: Die Bindung zur Alma Mater hat eine ganz besondere Bedeutung und ist auch für uns von Nutzen. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass verschiedene Ehemalige stärker als bisher eingebunden werden in die Career Services. Außerdem sind unsere Absolventen im In- und Ausland die besten Multiplikatoren für die Reputation Heidelbergs. Der Ruf Heidelbergs in der Welt hängt nicht allein von den vielen Fachpublikationen ab. Die liest nur eine ganz kleine Minderheit von Kollegen. "Ich habe in Heidelberg studiert" hat eben einen besonderen Klang, und dieses Bewusstsein wollen wir als Universität natürlich unterstützen. Auch ist es mir sehr wichtig, dass die Kontakte unter den Alumni untereinander verstärkt werden. Warum gibt es noch keinen Stammtisch aller Ehemaligen der Ruperto Carola in Berlin? Was ich damit meine: Die Corporate Identity der Universität sollte aus der Universität herausgetragen werden. Die RWTH Aachen hat da eine interessante Initiative: Die verschenkt an ihre Absolventen kleine Pins mit dem Logo der Hochschule - so klein, dass man es kaum erkennen kann. Aber wenn zwei Träger solcher Pins sich begegnen, erkennen die sich gegenseitig als Absolventen der gleichen Universität. Der Vorteil: Die gemeinsame Hochschule bietet eine ganz besondere Gesprächsbasis. Mit solchen Dingen, die gar nicht aufwendig sind, aber die ein großes Identifikationspotential bieten, habe ich bereits gute Erfahrungen gemacht - und da kann Heidelberg sich noch steigern.

 

Sie haben anfangs gesagt, dass Sie gerade Ihren Lehrstuhl so organisieren, dass nach Ihrem Amtsantritt alles gut weiterläuft. Keine Frage, Sie werden als Rektor in der Wissenschaft kürzer treten müssen. Wie schwer fällt Ihnen das und wie werden Sie auch weiterhin Kontakt zur Forschung halten?

Eitel: Es fällt extrem schwer. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich die Aufgabe überhaupt übernehmen soll. Ich habe hervorragende Mitarbeiter, eine blendende Perspektive bei meinen Projekten, und wir verfügen über ein hohes Drittmittelaufkommen. Eigenständige Forschung wird in den nächsten sechs Jahren wohl schwer möglich sein. Ich werde versuchen, zumindest zu den Postdoktoranden, Doktoranden und Diplomanden den Kontakt zu halten - das sehe ich als meine Verantwortung an. So wie ich müssen auch meine Mitarbeiter jetzt eben ins eher lauwarme Wasser springen und weitgehend ohne mich strampeln. Sie werden es schaffen, davon bin ich überzeugt!

Mein neues Amt empfinde ich als eine Pflicht, die ich übernehme. Kollegen und Universitätsratsmitglieder waren auf mich zugekommen und hatten mir angeboten, ich solle das tun. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen wollen mich unterstützen. Man verliert die Berechtigung zur Kritik, wenn man sich vor dieser Aufgabe drückt, und dann jemand beispielsweise von außen kommt und eine ganz andere Vorstellung von Universität vertritt. Ich hoffe, zusammen mit allen Universitätsangehörigen unsere Ruperto Carola erfolgreich weiter zu entwickeln. Sie ist bereits hervorragend, und wenn es uns gelingt, sie gemeinsam noch besser zu machen und ihr Ansehen weiter zu mehren, dann hat es sich gelohnt.

 

Das Gespräch führten Gabriel A. Neumann und Oliver Fink

 

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Fragen oder Anregungen zu diesen Seiten: Philippe Bayer
Stand: 14. August 2007
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Nr. 18 / Sommer 2007
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