Heidelberger Splitter
Immer in Bewegung
Zehn Jahre Festival "Tanz International" - "UnterwegsTheater" auf der Expo
Eine Schamanin aus den Anden, die einen gelben Blumenstrauß wie eine Peitsche auf den Tanzboden schmettert; ein menschlicher Roboter, der sich im Zeitlupentempo rückwärts über die Bühne bewegt; fünf Egozentriker, die zu Hip-Hop-Rhythmen aneinander vorbei tanzen: Mit einem derart spannungsreichen Programm präsentierte sich in diesem Jahr "Tanz International 2000", das Festival des zeitgenössischen Tanzes in Heidelberg. Seit zehn Jahren wird die Reihe vom Heidelberger "UnterwegsTheater" veranstaltet, mit gro§em Erfolg bei Publikum und Kritik.
Der Grund: Zeitgenössisches Tanztheater ist ein Schmelztiegel aus Bewegung, Musik und visuellen Ausdruckformen - und die wohl energetischste und direkteste Art, aktuelle gesellschaftliche Strömungen künstlerisch zu verarbeiten.
"In den letzten zehn Jahren ist es den Veranstaltern immer wieder gelungen, überraschende Talente und herausragende Künstler nach Heidelberg zu holen, ehe ihr Name in aller Munde war", resümierte die "Rhein-Neckar-Zeitung" zum Jubiläum. Ein Beispiel: Sasha Waltz, die wenig später zur Leiterin der Berliner Schaubühne berufen wurde.
"UnterwegsTheater": ein Name als Programm
Doch auch die Veranstalter selbst sind in der Szene keine Unbekannten: Das "UnterwegsTheater" vertrat jetzt bei der Expo 2000 in Hannover das Land Baden-Württemberg in der Sparte "Zeitgenössischer Tanz". Mit der Uraufführung des Stückes "Jaywalk - Das †berqueren der Fahrbahn bei Rot" (Choreographie: Jai Gonzales) beeindruckte die internationale Truppe das Publikum auf der Weltausstellung. Die großen Eisenbuchstaben des Bühnenbilds stammen übrigens von der Fassade des Landfriedhauses in Bergheim.
Vor 12 Jahren gründeten die peruanische Tänzerin und Choreographin Jai Gonzales und der Heidelberger Akrobat und Tänzer Bernhard Fauser das "UnterwegsTheater". Nach preisgekrönten Auftritten bei choreographischen Wettbewerben in Tokyo und Barcelona und zahlreichen Gastspielen starteten sie 1991 in Heidelberg das Festival "Tanz International". Ein großes Problem von Anfang an lag in der Finanzierung. Die Lage besserte sich, als sie eine eigene Bühne, die "Pro-B-Bühne", 1993 am Hauptbahnhof einrichteten. Leider wurde das Gebäude - eine ehemalige Autowerkstatt - nach einigen Jahren von den Behörden wegen Baufälligkeit geschlossen. Seitdem machte das "UnterwegsTheater" seinem Namen wieder alle Ehre. Nach Gastspielen im Heidelberger Theater und Engagements in New York scheinen Jai Gonzales und Bernhard Fauser jetzt doch eine neue Bleibe gefunden zu haben: die Klingenteichhalle oberhalb der Peterskirche. Diese 100 Jahre alte Jugendstilhalle wird zwar immer noch als Sporthalle genutzt, aber hier finden jetzt auch die Veranstaltungen des "UnterwegsTheaters" statt.
Und was bringt die Zukunft? "Aus finanziellen Gründen können wir das Festival nur noch alle zwei Jahre veranstalten", beklagt Bernhard Fauser. "Aber wir werden im nächsten Jahr ein Hip-Hop-Dance-Treffen organisieren und eine neue Eigenproduktion auf die Beine stellen." Bewegung als Grundprinzip: Für Fauser & Gonzales ist sie überlebenswichtig - sehr zur Freude der Tanzfans.
Peter Saueressig
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