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   ALUMNI REVUE - AUGUST 2003
       

    
    
 

Heidelberger Splitter


Wo nachts getanzt wird

Heidelbergs alternative Kulturszene sucht sich ihre Nischen

Heidelbergs Kulturangebot ist reich - doch jüngere Leute zieht es nicht nur ins Stadttheater oder zu Konzerten auf dem Heidelberger Schloss. Welche Alternativen gibt es zu den klassischen Kulturereignissen in der Stadt am Neckar?

Tiefe Bässe lassen die Abendluft erzittern. Durch eine Menschentraube am Eingang des Hauses in einem Gewerbegebiet bei Wieblingen drängt man ins dunkle Innere vor. Hier wird auf zwei Stockwerken gefeiert, getanzt, geflirtet. Eine öffentliche Party, doch niemand verlangt Eintritt, und auch keine Plakate hatten für die Feier in der "Villa Nachttanz" geworben. Das Haus ist ein Beispiel für alternative Kulturangebote in Heidelberg. Doch was bedeutet Alternativkultur? "Wir wollen nicht nur eine Plattform für Feiern sein, sondern mit jungen Leuten neue Dinge auf die Beine stellen", meint Dirk Walper. Walper ist der Vorsitzende des Vereins "aktiön2001", der sich um die Verwaltung der Villa kümmert. Zunächst war das Haus vor allem ein Ort zum Feiern, zwei Sommer lang war die Villa ein Geheimtipp - doch der Januar brachte eine Zwangspause: das Gebäude, erklärte das städtische Liegenschaftsamt, sei für große Veranstaltungen ungeeignet. Es fehlte an Hygieneeinrichtungen und Brandschutz.

Doch die Jugendlichen kämpften um ihre Villa. Veranstaltungen gemeinsam mit anderen Kultureinrichtungen in Heidelberg machten die Öffentlichkeit auf das drohende Ende aufmerksam. Unterstützung aus der Bevölkerung und durch alle Fraktionen des Gemeinderats waren die Folge, und die war auch notwendig: Das Heidelberger Bauaufsichtsamt hatte die Kosten der Sanierung auf 100 000 Euro veranschlagt. Unentgeltliche Hilfe von Handwerkern, die sogar einen Großteil des Baumaterials spendeten, senkten die Kosten auf 5 000 Euro. Noch diesen Sommer soll die Villa wieder ihre Tore öffnen.

Eine andere Heidelberger Gruppe mit alternativem Kulturangebot ist das Atelier Kontrast. Auch sie wollen das Heidelberger Kulturangebot bereichern - und nebenbei einschlägige Berufserfahrung sammeln: Zu den vier wichtigsten Mitarbeitern gehören ein Schreiner und ein Lichtdesigner, die beiden anderen kümmern sich um das Mangement. Die Gruppe leitet seit zwei Jahren die "halle_02", eine ehemalige Lagerhalle auf dem Gelände des Heidelberger Zollhofs, die nun Veranstaltungsort für Partys mit internationalen DJ's und Ausstellungen ist. Im letzten Jahr diente die Halle 02 dem Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg sogar als Hauptveranstaltungsort. "Das Filmfest war wichtig, um auch beim älteren Publikum bekannt zu werden", meint Hannes Seibold vom Atelier Kontrast.

Entscheidend für den Erfolg des Ateliers Kontrast seien persönliche Kontakte zu den Künstlern. Aber auch Verbindungen zu ähnlichen Institutionen in Heidelberg seien unverzichtbar. So fand in der Halle 02 eine Benefizveranstaltung für die Villa Nachttanz statt. Und auch bei der letzten "Nachttanzdemo", einem Zug durch Heidelberg mit alternativer Musik, unterstützte das Atelier Kontrast die Wieblinger Initiative.

Auch die Halle 02 hat Zukunftssorgen. Der Industriebau befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs, auf dem in den nächsten Jahren die "Bahnstadt" entstehen wird - ein von der Stadt Heidelberg gefördertes Investorenprojekt, das dem Gebiet neuen Glanz verleihen soll. Der Mietvertrag wurde nun von der Deutschen Bahn zunächst bis zum nächsten Jahr verlängert. Ein Weitermachen bis zum wahrscheinlichen Baubeginn 2006 hält Seibold "nicht für unmöglich". Das Aus für den Veranstaltungsort wäre schade. "Es verpufft viel Energie, wenn man durch Ortswechsel immer wieder ganz von vorn anfangen muss", erinnert sich Seibold an die Zeit, als das Atelier Kontrast noch keine feste Heimat hatte. Doch er ist sich sicher: Wenn der Auszug unvermeidlich wird, werde sich die Gruppe etwas Neues einfallen lassen.

Bernhard Fauser kennt das Problem. Er leitet das "Unterwegs Theater". Seit fünf Jahren ohne feste Spielstätte, ist der Name im Wortsinn zum Programm geworden. Die Stadt stellte zwar die Klingenteichhalle als Spielort für die Ferien zur Verfügung, doch muss sich das Tanztheater die Turnhalle mit einem Basketballverein teilen. So macht Bernhard Fauser aus der Not eine Tugend und lässt sich immer ausgefallenere Orte für seine Produktionen einfallen. Zuletzt veranstaltete das Unterwegs Theater im Juni "Fußgänger Tanz Urban", ein mehrtägiges Tanzfest auf dem Adenauerplatz. Um die Kosten für Veranstaltungen wie diese aufbringen zu können, ist das Unterwegs Theater auf Zuschüsse angewiesen. Stadt und Land geben Fördermittel, zwei Drittel der Kosten, so Fauser, würden durch Sponsoring gedeckt. Trotzdem sei viel Idealismus notwendig. "Unsere Belohnung liegt darin, die Dinge verwirklichen zu können, die wir uns vorstellen", beschreibt Fauser die Motivation für die Aktivitäten.

Kultur ist ein Zuschussbetrieb", bestätigt Patrick Dengl, Pressesprecher des "Kulturhauses Karlstorbahnhof". Im Vergleich zu anderen Einrichtungen mit alternativem Kulturangebot ist der 1995 gegründete "Katoba", wie er von den Besuchern genannt wird, ein Großunternehmen. In dem ehemaligen Bahnhofsgebäude sind ein Theaterverein, ein Eine-Welt-Zentrum, ein Café und ein Kino zu Hause. Für größere Veranstaltungen wie das jährlich stattfindende Jazz-Festival, Konzerte oder Partys kann der Hauptsaal fünf- bis sechshundert Besucher aufnehmen. Wie schwer es ist, ein anspruchsvolles Programm mit Wirtschaftlichkeit zu verbinden, zeigte eine Finanzkrise vor ein paar Jahren, die nur mit Unterstützung der Stadt überwunden werden konnte. Inzwischen machten die Veranstaltungen Gewinn, so Dengler, doch ohne öffentliche Fördermittel sei der Betrieb nicht möglich.

Im Verhältnis zu ähnlichen Einrichtungen hat das "Kulturfenster" in Bergheim ein fast biblisches Alter: Seit zwanzig Jahren engagiert sich der Verein, ursprünglich eine studentische Gründung, für die Jugendarbeit. Neben Angeboten für Kinder und Jugendliche richtet sich der Verein mit der Veranstaltungsreihe "Corner" auch an Erwachsene: Geboten werden Improvisationstheater, Tanz und Musik - und an jedem ersten Freitag im Monat eine Jam-Session.

Heute arbeitet der Verein im Auftrag der Stadt. Seit 1994 hat er seinen Sitz im Kultur- und Jugendhaus Bergheim, fünf Stellen werden von der Stadt finanziert. Ob etablierter Verein, privates Unternehmen mit öffentlicher Förderung oder junge Initiative wie die Villa Nachttanz: Die Gemeinsamkeit der Einrichtungen ist die Vielfalt des Angebots. Und die macht Heidelberg auch kulturell zu einer jungen Stadt.

Gabriel A. Neumann

 


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Heidelberg, den 25. August 2003 2003