Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Heidelberger Splitter

Nach 26 Jahren kommt Leben ins "Alte Hallenbad"

Jugendstilbad auf dem Trockenen

 

Ein Bad im kühlen Nass ist ein intimes Erlebnis. Ein Schwimmbad ohne Wasser dagegen nur schwer vorstellbar, vor allem, wenn man damit aufgewachsen ist. Entsprechend hohe Wellen schlagen die Emotionen bei der Diskussion um das Alte Hallenbad im Heidelberger Stadtteil Bergheim. "Hier hat halb Heidelberg Schwimmen gelernt!", hieß es während der Gemeinderatssitzung Anfang Mai, in der über die Zukunft des Jugendstilgebäudes debattiert wurde. Nach 26 Jahren eines nur selten gestörten Dornröschenschlafs soll es nun ganz schnell gehen mit der Wiedererweckung der außergewöhnlichen Immobilie. Dass diese überfällig ist, darin sind sich alle Beteiligten einig: Die Gemeinderatsvertreter der Stadt, der Gebäude und Grundstück gehören. Das "Unterwegstheater", das dort schon mehrfach gastierte und damit das Gebäude überhaupt wieder in das Bewußtsein der Heidelberger zurückbrachte. Nun ist es im Bad bis Ende Oktober Mieter und würde gerne eine dauerhafte Spielstätte dort einrichten. Schließlich Hans-Jörg Kraus, der mit dem Vorschlag, aus dem ehemaligen Schwimmbad eine Markthalle zu machen, der Auseinandersetzung über die Kosten der Sanierung eine neue Richtung gab. Ergebnis der Gemeinderatssitzung: Eine sechswöchige Ausschreibung, bei der es nicht mehr Bedingung war, das Alte Hallenbad wieder als Schwimmbad zu eröffnen, aber die alle Interessenten verpflichtete, mit ihrem Konzept ein Kaufgebot abzugeben - mindestens in Höhe des Gutachterpreises von knapp über einer halben Million Euro.

Streit um die Ausschreibung

Schon das Zustandekommen der öffentlichen Ausschreibung hatte in der Stadt am Neckar für Unmut gesorgt: Oberbürgermeister Eckart Würzner wollte zunächst den Auftrag ohne Ausschreibung an Kraus vergeben, was zu Protesten quer durch die Fraktionen des Gemeinderats sowie zu dem Kompromiss mit der auffällig kurzen Ausschreibungsfrist führte - die vom Vertreter der oppositionellen "Bunten Linken" im Gemeinderat, Dr. Arnulf Weiler-Lorentz, prompt als "Schamfrist" bezeichnet wurde. Ebenfalls kritisiert wird, dass die Stadt durch den Verkauf des Anwesens zwar nicht mehr verpflichtet ist, sich an Sanierungsund Folgekosten zu beteiligen, aber so auch den Einfluss auf die Zukunft der Immobilie verliert.

Die Bewerber und Konzepte

Außer Hans-Jörg Kraus haben noch vier weitere Interessenten ihre Konzepte bei der Stadt eingereicht.

Das Konzept von Kraus sieht im "Herrenbad", dem Raum mit dem größeren Schwimmbecken, eine Markthalle, im kleineren "Damenbad" Eventgastronomie vor. Es soll zudem kulturelle Elemente enthalten, die Kraus aber noch nicht näher beschrieb.

Das Heidelberger Architektenbüro "ap88" will - ähnlich wie Hans-Jörg Kraus - im Alten Hallenbad eine Markthalle unterbringen. Die Finanzierung soll über ein Konsortium von Unternehmen geregelt werden. Der Schwerpunkt des Büros lag bisher bei Entwürfen für moderne Bauvorhaben - in Heidelberg beispielsweise für das Analysezentrum der Universitätsklinik oder die Bergbahnstation in der Altstadt.

Auch das Unterwegstheater ist unter den Bewerbern. Zusammen mit dem Heidelberger Architekten Nils Herbstried hat der künstlerische Leiter des Tanztheaters, Bernhard Fauser, kurz vor Ablauf der Ausschreibungsfrist einen Investor gefunden. Den Kern des Entwurfs bildet ein langfristiger Mietvertrag mit dem Unterwegs-Theater, auch für andere kulturelle Veranstaltungen sollen die Räumlichkeiten offen bleiben. Gastronomie oder "andere Nutzung" sollen zur Finanzierung beitragen.

Ein in Heidelberg bei Architekturfragen prominenter Teilnehmer der Ausschreibung ist Friedrich Georg Hoepfner. Als Geschäftsführer der "Brauholding International", zu der unter anderem auch die seinen Namen tragende Brauerei im benachbarten Karlsruhe gehört, hat er in der Heidelberger Altstadt schon viele ehrgeizige Bauprojekte verwirklicht. Als Architekten beauftragte er dabei oft den in Heidelberg als "Altstadt-Maier" bekannten Hansjörg Maier. Den Spitznamen verdiente sich dieser durch die große Zahl an Bauprojekten in der Innenstadt, zu denen er in den letzten Jahrzehnten die Entwürfe lieferte. Zu den jüngeren Projekten, die er in Hoepfners Auftrag gestaltete, gehört die Renovierung des traditionsreichen "Café Knösel" oder die Wiedererweckung eines verfallenen Gasthauses in der Nähe des Neckarmünzplatzes zur "Kulturbrauerei".

Ähnlich wie dort möchten Hoepfner und Maier im Alten Hallenbad ein gemischtes Angebot an Unterhaltungsmöglichkeiten ansiedeln. Dafür bieten sie in ihrem Konzept gleich mehrere Varianten an. Bis zu zwei der folgenden Ideen könnten, so Maier, nebeneinander präsentiert werden: Ein Designkaufhaus, eine internationale Galerie mit moderner Kunst, eine Tanzschule oder das Konzept der "Floridita Music Hall", mit dem das Schwimmbad zum Ort mit Live-Musik und Bühnenprogramm werden soll. Hinsichtlich des Kaufpreises hebt sich Hoepfners Konzept von allen anderen ab: Als Einziger bietet der Brauer mehr als den Gutachterpreis, nämlich 600 000 Euro.

Der Unternehmer Fikret Kiliç aus dem nahe gelegenen Neckarelz hat als einziger ein Konzept eingereicht, das wenigstens eine beschränkte "Nassnutzung" einschließt: Das "Römerbad" im Untergeschoss und das ehemalige Wannenbad soll zum "Wellnessbereich" mit türkischem Dampfbad werden, für das Erdgeschoss ist Erlebnisgastronomie geplant. Doch für den Betrieb eines echten Schwimmbeckens sieht auch Kiliç keine finanzierbare Möglichkeit.

Blick nach Berlin

Gabriele Berger aus Berlin kennt sich aus mit privat betriebenen Schwimmbädern - und besitzt sogar zwei. Sie gehört nicht zum Kreis der Bewerber des Heidelberger Bads, doch glaubt sie daran, dass auch heute der wirtschaftliche Betrieb eines alten Schwimmbads machbar ist. Die ehemalige Sportlehrerin und Unternehmerin betreibt schon seit mehreren Jahren das "Bewegungsbad Marienfelde" in Berlin, 2003 erwarb sie das Stadtbad Steglitz, das wie sein Heidelberger Gegenstück ein Jugendstilbad und ein Sanierungsfall ist. Die Wiederherstellung ist noch im vollen Gange, in der Zwischenzeit wird dort - noch eine Parallele zu Heidelberg - Theater gespielt. Doch nach Abschluss der Bauarbeiten soll im Stadtbad Steglitz wieder der Badebetrieb aufgenommen werden, mit dem sich das Bad dann auch finanzieren soll. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Marienfelder Bad ist Berger fest davon überzeugt, dass ihr Konzept auch in Steglitz aufgehen wird. In Marienfelde bietet sie dem Publikum eine große Zahl an Kursen an, die auf die verschiedenen Benutzergruppen zugeschnitten sind - von "Aquafitness für alle Altersstufen" bis zu animierten Kindergeburtstagen. So habe sie, meint Berger, gesicherte Einnahmen und mehr Planungssicherheit als beim klassischen Schwimmbadbetrieb: "Wenn man ein Bad einfach nur sechs Tage die Woche morgens öffnet und abends wieder schließt, weiß man nie, wie viel am Wochenende in der Kasse ist", weiß Berger. Auf diese Weise könne man auch das Alte Hallenbad in Heidelberg bei einer "Nassnutzung" nicht wirtschaftlich betreiben - zumal aufgrund der Größe und des baulichen Zustands des Bades eine umfangreiche und teure Sanierung nötig sei. Doch die Wirtschaftlichkeit eines Markthallenkonzepts ohne Schwimmbetrieb bewertet Gabriele Berger ebenfalls mit Skepsis: "Wichtig für den Erfolg eines solchen Konzeptes ist das Ambiente! Ich kann mir das Alte Hallenbad gut als Markthalle vorstellen, aber die Möglichkeit der Nassnutzung der kleinen Halle sollte durchaus bedacht werden", meint Berger zu den Plänen.

Verkauf noch im Juli?

In Heidelberg ist man nun gespannt, welchem Konzept der Gemeinderat den Zuschlag geben wird. Die Diskussionen um das Alte Hallenbad werden voraussichtlich in den nächsten Monaten weiter plätschern. Geht es nach Oberbürgermeister Würzner, soll noch im Juli über den Verkauf des Alten Hallenbades entschieden werden.

 

Gabriel A. Neumann

 

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Stand: 14. August 2007
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