Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Alumni Spotlight

Khairarallah Assar, Algerien

"Herzensangelegenheit" Heidelberg

 

Khairallah Assar, Professor für Sozialpsychologie und Erziehung an der Universität in Annaba (Algerien), ist ein gefragter Mann. Seit längerer Zeit bereits beschäftigt er sich mit der Darstellung des Christentums in einer islamisch geprägten Bildungswelt, er analysiert nämlich Schulbücher aus den Staaten des Nahen Ostens. Ein Thema, das ihm mittlerweile zahlreiche Einladungen zu Tagungen und Workshops in aller Welt beschert. In Heidelberg treffen wir ihn am Rande der Alumni-Schule "Bildung/Erziehung und Frieden", veranstaltet vom Institut für Bildungswissenschaft der Ruperto Carola. Auch dort referiert der gebürtige Syrer über den Schulunterricht in seiner Heimatregion. Doch die Neckarstadt bedeutet für Khairallah Assar in diesem Fall nicht irgendeine Station im prall gefüllten Terminkalender, Heidelberg ist für ihn, wie er sagt, eine "Herzensangelegenheit": Hier hat er rund fünf Jahre gelebt, hier wurde er 1964 promoviert.

Begnadeter Geschichtenerzähler

"Was wollen Sie wissen?", fragt der sympathische Gelehrte, nachdem er zielstrebig in der Heidelberger Altstadt ein Café für das Gespräch ausgesucht hat. "Erzählen Sie uns Ihr Leben!" Ob die Mittagspause, die uns zur Verfügung steht, dafür ausreiche?, antwortet er lachend. Wohl kaum. Doch dann sind wir schon mitten drin - und Khairallah Assar, Jahrgang 1935, ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Sie handeln zunächst von schwierigen Lehrjahren: Nach dem Baccalauréat wollte Assar unbedingt studieren, zunächst in Damaskus, was aber nicht klappte. Dann ergab sich die Möglichkeit für ein Studium an der Amerikanischen Universität in Beirut. Doch dafür fehlte eigentlich das Geld. Sein Vater, der im syrischen Hama den Lebensunterhalt der Familie durch den Handel mit Beduinen bestritt, konnte das finanziell nicht stemmen. Es klappte dann aber irgendwie doch. Mit einer Master-Arbeit über Methoden im englischen Sprachunterricht konnte Khairallah Assar dort Ende der 1950er Jahre schließlich seinen ersten akademischen Titel erlangen.

Und wie kam er in der Folgezeit dann an den Neckar? Hier spielte der berühmte deutsche Orientalist Hellmut Ritter, übrigens ein früherer Assistent des noch berühmteren Kulturwissenschaftlers Aby Warburg, eine nicht unbedeutende Rolle. Assar lernte Ritter in Beirut kennen, wo dieser arabische Sprachstudien betrieb. Der deutsche Forscher empfahl dem jungen Syrer einen Aufenthalt in Deutschland und sprach auch gleich eine konkrete Hochschulempfehlung aus ("The best university in Germany is Heidelberg"). Aber trotz solch prominenter Unterstützung erwies sich auch hier die Finanzierung des Studienaufenthalts zunächst als Hindernis. Doch das Überwinden von Hürden sowie das Wegstecken von Rückschlägen, die ihn immer wieder ereilten, scheint eine Spezialität von Khairallah Assar zu sein - eine Art Leitmotiv seines Lebens.

Im Rhein-Neckar-Delta 1961 angekommen, arbeitete er zunächst zum Broterwerb bei der amerikanischen Armee in Mannheim, dann nahm er sein Studium im benachbarten Heidelberg auf und bekam schließlich auch ein DAAD-Stipendium zur Unterstützung. An diese Jahre erinnert er sich heute noch ganz genau - selbst Straßennamen und Hausnummern hat er im Gespräch parat. Nach der erfolgreichen Promotion am Neckar und nach seiner Heirat mit einer gebürtigen Schwedin - seine Frau starb traurigerweise bereits in den 1980er Jahren - landete der dreifache Vater nach einer Zwischenstation in Syrien schließlich in Algerien, wo er 1982 den Professorentitel erhielt und heute noch lehrt.

Heidelberg hat er in den letzten Jahren immer wieder für kürzere Aufenthalte aufgesucht, um insbesondere in der Universitätsbibliothek zu forschen. Und die Stadt spielt auch bei seiner zweiten Leidenschaft neben der Wissenschaft, nämlich der Poesie, eine wichtige Rolle. 2003 erschien von ihm "Passion Flowers. Poems and Songs", darin enthalten ist auf Seite 61 auch ein Lobgedicht auf Heidelberg. In der zweiten Strophe heißt es: "Emerald of Germany! / Streams of silver pearls / Permeating your glowing face / 'nd echoes of a love-song / To bring back / All departing souls." Kurz vor Ende der Mittagspause bedauert er noch, dass er letztes Jahr leider nicht zu den Jubiläumsfeierlichkeiten von "Heidelberg Alumni International" kommen konnte - er war zu einer Tagung eingeladen, auf der er Ergebnisse seiner Schulbuchanalyse vorstellte. Und dann muss Khairallah Assar auch schon weiter. Die Teilnehmer der Heidelberger Alumni-Schule warten schon.

 

Oliver Fink

 

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Fragen oder Anregungen zu diesen Seiten: Philippe Bayer
Stand: 14. August 2007
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Nr. 18 / Sommer 2007
Titelseite Alumni Revue Sommer 2007
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