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   ALUMNI REVUE - SOMMER 2006
       

    
    
 

Titel


Freundschaft üben

Wie die Universität Heidelberg mit ihren Ehemaligen in Kontakt bleibt

Allzu lange ist es noch gar nicht her, da galt an den meisten deutschen Universitäten die Devise „Aus dem Hörsaal, aus dem Sinn“. Junge Menschen für einen Beruf auszubilden, so lautete die klar umrissene Aufgabe. Was danach kam, interessierte die Hochschule als Institution allerdings kaum. Freundschaften zu hegen und Kontakte zu pflegen galt als Privatsache – von Kommilitonen, die sich auf eigene Initiative trafen, oder Professoren, die mit dem einen oder anderen Schüler noch in Verbindung standen. Darüber hinaus herrschte in der Regel Funkstille. Eine unsentimentale Beziehung, die offenbar auf Gegenseitigkeit beruhte. Denn wie Umfragen noch aus den 1990er Jahren zeigen, legten viele Absolventen deutscher Hochschulen in der Vergangenheit keinen allzu großen Wert darauf, die Verbindung zu ihrer Alma Mater auch nach dem Examen aufrechtzuerhalten. Was blieb? Vielleicht ein Ausflug mit der Familie Jahre nach dem Studium an den Ort einstiger Büffelei: Hier habe ich gewohnt, in diesem Gebäude habe ich Vorlesungen gehört, dort hatte ich meine Abschlussprüfung. Mehr nicht. Möglicherweise bildete die Universität Heidelberg in dieser Hinsicht schon immer eine Ausnahme, zumindest tendenziell. Auf emphatisch gestimmte Treueschwüre und Liebeserklärungen an Stadt und Universität mangelt es jedenfalls in der Memoirenliteratur vieler prominenter Alumni nicht. Auch gab es bereits seit langer Zeit schon zwei Vereine, aus denen im Jahr 2003 die „Gesellschaft der Freunde Universität Heidelberg“ hervorgegangen ist und deren Wurzeln bis in die 1920er Jahre reichen. Doch von einer Beziehungspflege mit System, von der Gesamtuniversität als Aufgabe begriffen und dementsprechend organisiert, konnte auch am Neckar zunächst nicht die Rede sein. Und wer kümmerte sich schließlich um die vielen ausländischen Alumni, die das Leben an der Ruperto Carola so entscheidend mitprägen? Erst 1996 machte man sich daran, ein entsprechendes Netzwerk am Akademischen Auslandsamt aufzubauen, das die bislang eher losen Kontakte zu den internationalen Ehemaligen auf eine feste Basis stellte: Heidelberg Alumni International (HAI) wurde geboren, dessen zehnjähriges Jubiläum in diesem Sommer gefeiert wird

Die Gründe dafür waren vielfältig. Der Blick auf andere Länder – insbesondere auf Großbritannien und auf die USA – spielte da eine wichtige Rolle. Wie Albrecht Bayer (lesen Sie bitte das volle Interview mit ihm auf Seite 10), der an der Gründung von HAI maßgeblichen Anteil hatte, erzählt, bildete Anfang der 1990er Jahre außerdem die Diskussion über Themen wie Bildungsmarkt, Wettbewerb und Hochschulautonomie die Hintergrundmusik, die die nun in Angriff genommene Förderung von „Nachkontakt-Initiativen“ – so die bürokratisch daherkommende und ziemlich unsinnliche Wortschöpfung – als eine Maßnahme unter vielen begleitete. Das vom DAAD schließlich aufgestellte Programm führte nicht nur am Neckar zur Schaffung entsprechender Kapazitäten für eine solche Arbeit – auch andernorts wurden vergleichbare Büros oder Referate eingerichtet. Wie Bayer aber zugleich betont, haben in Heidelberg damals auch die Ehemaligen selbst Druck ausgeübt. Die Gefühle, die diese zur Ruperto Carola entwickelt hatten, gingen wohl einfach tiefer, als dass man sie lediglich in Form eines Familienausflugs ausreichend befriedigen konnte. Und auch die gemachten Erfahrungen, die erworbenen Kenntnisse und der Austausch mit anderen Menschen erwiesen sich als Prägungen, die über das bloße Studium weit hinausreichten und eben ortsgebunden waren.

„Wie wichtig diese Kontakte sind, wie ausschlaggebend unsere Auslandserfahrung sein mag, wissen wir erst dann zu schätzen, wenn wir den Standort Deutschland verlassen und uns auf den Heimweg machen und zu unseren Heimatländern zurückgehen, um dort den beruflichen Weg einzuschlagen. Unsere Auslandserfahrung begleitet uns ständig. Bewusst oder unbewusst greifen wir nach dem Wissen, nach all den Kenntnissen, die uns während unserer Studienzeit im Ausland beigebracht wurden.“ So beschrieb Iwona Kozlowska beim letztjährigen Alumni-Treffen in Krakau die enorme Bedeutung, die nicht zuletzt das Germanistikstudium an der Ruprecht-Karls-Universität 1993/94 für ihre weitere Karriere gespielt hatte. Mit Heidelberg verbindet sie heute nicht nur eine schöne Erinnerung, sondern vor allem hier erwarb sie sich ihre „Deutschlandkompetenz“, wie sie sagt, die ihr ab 2001 zunächst in der Kanzlei des polnischen Staatspräsidenten als Expertin für Deutschlandfragen zugute kam und seit September 2005 schließlich als Mitarbeiterin im Außenministerium in Warschau. Deutschlandkompetenz aber ist ein dynamisches Gebilde, das ständig aufgefrischt werden muss. Insofern schätzt Iwona Kozlowska als überzeugte Alumna die Kontakte, die das Netzwerk Heidelberg Alumni International ihr ermöglicht.

Mohamed Ait El Ferrane sieht das ganz ähnlich. Der gebürtige Marokkaner studierte Mitte der 1980er Jahre am Neckar, und zwar die Fächer Islamwissenschaft sowie Deutsch als Fremdsprachenphilologie. Heute bezeichnet er Stadt und Universität als ein „Stück von mir“, ohne das „er gar nicht mehr leben könnte“. Regelmäßig kehrt er hierher zurück, um sich mit Freunden und Kollegen auszutauschen. Die reichen Bestände der Universitätsbibliothek sind immer noch unverzichtbar für seine wissenschaftliche Arbeit, wie er erzählt. El Ferrane ist inzwischen Professor für Linguistik und Semiotik – an der Universität Marrakesch baut er gerade eine Abteilung für deutsche Sprache und Literatur auf. Unterstützt wird er dabei unter anderem von der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg – ein gemeinsamer Studiengang mit dem Schwerpunkt Kulturtourismus ist in Vorbereitung.

Beide – Iwona Kozlowska und Mohamed Ait El Ferrane – sehen sich zudem als Brückenbauer. Während Kozlowska in ihrer politischen Tätigkeit vehement für eine deutsch-polnische Zusammenarbeit eintritt und dabei auch in der Alumni-Arbeit der Universität Heidelberg einen kleinen Baustein für die notwendigen Schritte aufeinander zu erblickt, wirbt El Ferrane für einen Dialog der Kulturen: „Die schönste Zeit meines Studiums habe ich unter Studentinnen und Studenten verschiedener Religionen im Ökumenischen Haus verbracht. Ich als Muslim hatte nie Probleme, zusammen mit Anhängern anderer Religionen in einer Kirche Gottesdienst zu erleben und zusammen zu beten“, sagt er. Diesen Dialog auch nach dem Studium fortzusetzen, hält er für eine wichtige Sache. Eine Gelegenheit dafür böten nicht zuletzt die Alumni-Treffen.

Vom Friendraising zum Fundraising

Inzwischen haben wohl alle Universitäten in Deutschland ihre Alumni – die nationalen wie die internationalen – wiederentdeckt, gerade auch jene, die nicht in der Wissenschaft geblieben sind. Die Gründe liegen auf der Hand, besteht doch hier die Möglichkeit, ein stabiles Band zur außeruniversitären Welt zu knüpfen, das beispielsweise den aktuellen Studierenden zugute kommen soll. Ehemalige könnten, so der Gedanke, ihren Nachfolgern beispielsweise wertvolle Tipps für den Berufseinstieg geben, Praktika oder vielleicht sogar Stellen vermitteln.

Auch in Heidelberg schießen solche speziellen, fachbezogenen Alumni-Initiativen mittlerweile wie Pilze aus dem Boden. Die meisten der Freunde vereinigt, die die administrativen Aufgaben koordiniert. „Man muss sich das wie einen Sportverein vorstellen, der verschiedene Sportarten anbietet, aber natürlich eine gemeinsame Verwaltung hat“, erläutert Sabine von Helmolt von den „Freunden“ die Struktur. Sportarten meint hier Fächer, folgende Sektionen bestehen bereits: Rechtswissenschaften, Physik und Astronomie, Psychologie, Wirtschaftswissenschaften, Sportwissenschaft und Hochschulsport – neu hinzugekommen ist zuletzt die Soziologe.

Das Sinologie Heidelberg Alumni Netzwerk (SHAN), erst vor wenigen Wochen gegründet, verwaltet sich dagegen selbst und wird sich auf dem Sommertreffen von Heidelberg Alumni International erstmals einer größeren Öffentlichkeit präsentieren. An SHAN lässt sich exemplarisch zeigen, dass der Alumnus-Gedanke in diesen Fällen nicht einfach nur der Schaffung einer hehren, mehr oder weniger zweckfreien Gemeinschaft von Freunden dient, sondern dahinter auch sehr viel strategisches Denken steckt. So wendet sich dieser als gemeinnützig eingetragene Verein etwa gezielt an Unternehmen und wirbt mit „interkultureller Kompetenz“ und „Netzwerk-Partnern“ vor Ort – in diesem Falle also auch in China. Und davon haben letztlich alle Beteiligten etwas, so hofft man jedenfalls.

Noch einen Schritt weiter geht die Ruprecht-Karls-Universität mit dem Ende letzten Jahres neu geschaffenen Dezernat 8. Der Untertitel lautet „Beziehungspflege – Stiftungen – Vermögen“ und deutet schon an, dass es hier vor allem um eine Professionalisierung von Fundraising geht. Ansprechpartner möchte man unter anderem sein für solche, die beispielsweise eine finanzielle Unterstützung für die Universität leisten wollen. Auf der anderen Seite möchte man aber auch aktiv für ein solches Engagement werben. In Zeiten, da sich die Universitäten auf staatliche Zuwendungen nicht mehr ausschließlich verlassen können, spielt der private Mäzen eine zunehmend wichtigere Rolle. Manfred Lautenschläger, Gründer der MLP AG, Heidelberg-Alumnus, Mitglied des Universitätsrats und einer der großzügigsten Sponsoren der Ruperto Carola, begrüßt diesen Schritt: „In Deutschland steckt professionelles Fundraising nicht mal in den Kinder-, sondern noch in den Babyschuhen“, sagt er und plädiert dafür, dem „Alumnus-Gedanken noch größeres Leben einzuhauchen als bisher, um Leute wie mich zu gewinnen.“

Die Chancen dafür stehen in Heidelberg sicher gut. Während manche Massenuniversität Mühe hat, die dafür notwendige Marken- und Imagebildung erfolgreich zu betreiben und die Ehemaligen auch auf der emotionalen Ebene anzusprechen, hat es eine Traditionsuniversität wie die Ruperto Carola mit ihrer internationalen Reputation naturgemäß etwas leichter. Dennoch sieht Lautenschläger auch hier noch großen Nachholbedarf – von amerikanischen Verhältnissen sei man jedenfalls noch weit entfernt. Und was motiviert eigentlich einen erfolgreichen Unternehmer wie Manfred Lautenschläger prinzipiell, der Alma Mater sehr viel Geld zur Verfügung zu stellen? „Wir Ehemaligen haben dem Studium viel zu verdanken, egal wie schwer für einige diese Ausbildung auch manchmal gewesen sein mag. Jetzt nehmen wir eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft ein und haben die Möglichkeit, etwas von dem zurückzugeben, was wir einst bekommen haben.“

Lebendige Beziehung

Nicht immer müssen solche Zuwendungen übrigens mit viel Geld verbunden sein. Der Heidelberg-Alumnus Frank Hoffmann aus Luxemburg zum Beispiel hat seiner Ruperto Carola sogar schon zu Studienzeiten etwas beschert – nämlich ein Theater, das heute noch existiert. Mit Freunden hatte Hoffmann Ende der 1970er Jahre die Schauspielgruppe „Klammerspiele“ gegründet und zugleich im Romanischen Seminar einen Raum im Untergeschoss zur Bühne umgebaut. Der heute noch existierende Name „Romanischer Keller“ stammt von dem Luxemburger, der auch nach seinem Studium sowie der anschließenden Promotion in Heidelberg dem Theater treu blieb und in diesem Bereich sogar eine steile Karriere machte. Heute ist er Intendant des „Théâtre National du Luxembourg“, als Nachfolger von Frank Castorf hat er außerdem in jüngster Zeit die Ruhrfestspiele in Recklinghausen wieder auf Erfolgskurs gebracht. Stolz berichtet er, dass 2006, was die Auslastung angeht, das beste Jahr in der 60-jährigen Geschichte dieses traditionsreichen Festivals gewesen ist, sein neues Konzept habe offenbar gegriffen. Trotz großer Arbeitsbelastung lässt Frank Hoffmann sich das bevorstehende Sommertreffen von Heidelberg Alumni International nicht entgehen. Worauf er am meisten gespannt ist? „Ich freue mich“. Kurze Pause. „Ganz einfach – auf Heidelberg.“

Diese starke Verbundenheit mit Stadt und Universität ist etwas, was Silke Rodenberg, die Nachfolgerin von Albrecht Bayer, immer wieder fasziniert und große Freude bereitet: bei „Veranstaltungen, Gesprächen oder auch der Lektüre oftmals rührender Briefe und E-Mails, die wir bekommen“. Einen gewissen Schwerpunkt in ihrer Arbeit sieht die Leiterin von HAI im Moment im Aufbau von Netzwerken für die europäischen Alumni sowie in den USA und Japan: „Idealerweise handelt es sich um Clubs in den einzelnen Ländern, die dann mit uns und untereinander verbunden sind.“

Fundraising steht für Silke Rodenberg nicht im Zentrum ihrer Aktivitäten – die gezielte Einwerbung von Mitteln hat es bislang nicht gegeben. Dennoch gäbe es einige internationale Ehemalige, die Spenden leisten. „Darüber sind wir auch froh und dankbar“, sagt Silke Rodenberg und fährt fort: „Seinerzeit, bei Gründung von HAI, hatten wir uns im Unterschied zu vielen anderen Universitäten in Deutschland bewusst gegen einen Mitgliedsbeitrag entschieden – am Geld sollte eine Aufnahme nicht scheitern. Dazu stehen wir auch heute noch, auch wenn sich daraus so manche Finanzierungslücke ergibt“.

„Ich rufe Heidelberg Alumni International ins Leben“. Mit diesem Satz aus dem Mund des damaligen Prorektors Norbert Greiner erfolgte am 10. August 1996 genau um 11:50 Uhr in der Aula der Alten Universität gewissermaßen das Ja-Wort für eine lebendige Beziehung zweier Partner, die vieles verbindet und von der beide profitieren. Zehn Jahre klingt noch ziemlich jung. Dennoch ist schon viel passiert: Man hat sich oft getroffen – hier in Heidelberg und an Orten auf der ganzen Welt –, zahlreiche Projekte wurden angestoßen und auch Nachwuchs konnte schon begrüßt werden. Wie sich Heidelberg Alumni International, aber auch die anderen Alumni-Initiativen in Zukunft weiterentwickeln werden, darauf darf man gespannt sein. Aus der Universität sind sie jedenfalls nicht mehr wegzudenken.

Oliver Fink

 


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Heidelberg, den 5. September 2006